Behandlungen
Was ist Physiotherapie?
Die Physiotherapie ist ein natürliches Heilverfahren. Sie nutzt die passive (durch äußere Kräfte, z.B. den Therapeuten geführte) und aktive (selbständig ausgeführte) Bewegung des Menschen zur Heilung von und Vorbeugung vor Erkrankungen. Damit ist die Physiotherapie eine Alternative oder sinnvolle Ergänzung zur medikamentösen und operativen Therapie.
Die dreijährige Ausbildung zum staatlich anerkannten Physiotherapeuten ist gesetzlich geregelt und die Berufsbezeichnung geschützt.
Wie wirkt Physiotherapie?
Bewegung ist eine Grundfähigkeit des Lebens. Sie wirkt als Therapie immer über einen ganzheitlichen Ansatz.
Ziele der physiotherapeutischen Behandlungen sind
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Linderung von Schmerz
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Förderung von Stoffwechsel und Durchblutung
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Erhaltung und Verbesserung der Beweglichkeit
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Erhaltung und Verbesserung der Koordination
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Erhaltung und Verbesserung der Kraft
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Erhaltung und Verbesserung der Ausdauer.
Die Zielbereiche stehen nicht alleine, sondern unterliegen einer wechselseitigen Beeinflussung.
Anwendung findet die Physiotherapie in vielen medizinischen (u. a. Orthopädie, Chirurgie, Innere, Pädiatrie und Neurologie) und vorbeugenden (z.B. Rückenschulen) Bereichen.
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Vojta-Therapie für Kinder und Erwachsene
Die Vojta-Therapie, ein ganzheitliches Konzept, nimmt auf das Zentralnervensystem, das Gehirn, Einfluss. Ein angeborenes reflektorisches Bewegungs- und Haltungsmuster wird mittels genau definierter Ausgangsstellungen und Reizpunkte abgerufen.
Die Reaktion ist ein motorisches Bewegungs- und Haltungsmuster, das alle Sequenzen der idealen motorischen Entwicklung im ersten Lebensjahr beinhaltet. Dieses provozierte ganzheitliche Bewegungs- und Haltungsmuster weckt motorische Fähigkeiten, die teilweise blockiert oder von Ersatzmustern überlagert waren.
Die neurophysiologische Behandlung nach Vaclav Vojta findet ihren Einsatz bei Kindern mit unterschiedlichsten Krankheitsbildern, zum Beispiel bei motorischer Entwicklungsretardierung, zentraler Koordinationsstörung, bei Körperbehinderungen (Cerebralparesen, unter anderen) oder auch bei verschiedenen orthopädischen Erkrankungen insbesondere der Skoliose.
Die Vojta-Therapie sollte im Idealfall so früh wie möglich beginnen. Die Behandlung wird von den Eltern mehrmals täglich zu Hause durchgeführt, der Therapeut hat anleitende, korrigierende und überwachende Funktion.
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Bobath-Therapie für Kinder und Erwachsene
Das Bobath-Konzept, ein ganzheitliches Konzept, das auf der Entwicklung der Hirnfunktion basiert (neurophysiologische Grundlage), dient zur Behandlung von Patienten mit zerebralen Bewegungsstörungen sowie sensomotorischen Auffälligkeiten. Hauptziel ist es, die größtmögliche Selbständigkeit zu erreichen und somit die Lebensqualität des Kindes und seiner Familie zu steigern.
Das bedeutet:
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Erreichen der größtmöglichen Selbständigkeit im eigenständigen Handeln
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Unterstützung der Selbstverantwortlichkeit des Patienten
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Förderung der Kommunikation
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Vermeidung von Kontrakturen und Deformitäten
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Sicherung aller wichtigen Lebensfunktionen vor allem bei schwer mehrfachbehinderten Patienten
Voraussetzungen einer guten Behandlung sind geistige Wachheit und gute Motivation (auch der Eltern), Aufmerksamkeit und ein zusammen mit Eltern, Arzt und anderen Therapeuten abgesprochenes, angemessenes, therapeutisches Vorgehen gemäß der Bedürfnisse und Fähigkeiten von Eltern und Kind. Dazu ist es nötig, im Vorfeld zu analysieren, auf welchen Fähigkeiten die Therapie aufbauen kann. In der Behandlung werden Wege gesucht, die Eigenaktivität des Kindes aufzugreifen, zu verstärken und gegebenenfalls zu modifizieren. Motorisches Lernen wird gezielt gefördert, indem Bedingungen geschaffen werden, die das Ausprobieren, Entwickeln bzw. Einüben von Bewegungsstrategien ermöglichen. Reize an das Berührungsempfinden, die Körperwahrnehmung und den Gleichgewichtssinn im Sinne von "berühren und berührt werden", "bewegen und bewegt werden" werden gezielt dazu eingesetzt, um eine baldige Tonusregulation von Haltungs- und Bewegungsmustern zu entwickeln. Auch Reize für den akustischen, optischen, ja sogar Geruchs- und Geschmackssinn wirken sich dabei aus.
In der Physiotherapie wird vor allem die Aufrichtung von Kopf und Körper gegen die Schwerkraft, die Optimierung der Haltungskontrolle, das Gleichgewicht in verschiedenen Positionen im Raum sowie die Fortbewegung in verschiedensten Formen (z. B. Rollen, Robben, Krabbeln, Gehen, Radfahren, Rollstuhlfahren) gemeinsam erarbeitet. Wenn nötig können zur Erleichterung Hilfsmittel eingesetzt werden. Die Behandlung wird so alltagsnah wie möglich durchgeführt bzw. wird in die Bereiche des täglichen Lebens - Nahrungsaufnahme, Kommunikation, Spiel, Körperpflege, An- und Ausziehen, Transfer - direkt übernommen. Die Therapie, die bei Kindern spielerisch durchgeführt wird, soll auch Freude an der Bewegung wecken, was wiederum die Motivation steigert. Die Eigenaktivität des Kindes, d. h. auch seine Bedürfnisse stehen dabei immer im Vordergrund.
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Laufbandtherapie
Was kann man sich darunter vorstellen?
Dies ist erstmalig eine Möglichkeit einer Gangschule mit Patienten, die vorher nicht oder nur sehr mühsam einige Schritte gehen konnten. Unter Gewichtsentlastung mit einem Gurt wird es möglich, dass das Gehen zuerst durch die Therapeuten initiiert wird, man "gegangen" wird, um dann immer mehr selbst das Gehen wieder zu erlernen.
Für wen eignet sich die Therapie?
Diese Therapie ist für jede Gangschulung geeignet. Hier möchte ich auf mein Buch "Laufbandtherapie in der motorischen Rehabilitation" hinweisen. In Kapitel 2 "Indikationen" schreibe ich, für welche Patienten es bereits erfolgreiche Studien gibt, und unter welchen Vorraussetzungen sie von dieser Therapie profitieren können. Es profitieren vor allem Patienten nach einem schweren Schlaganfall, nach inkompletter Querschnittlähmung, bei Multipler Sklerose, bei Parkinson und bei angeborener Zerebralparese von dieser Laufbandtherapie.
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Orofaziale Therapie
Die orofaziale Regulationstherapie nach Castillo Morales wird bei Kindern mit sensomotorischen Störungen im Bereich des Gesichts sowie des Mundes und Rachens angewandt. Sie ist besonders geeignet für die Behandlung von Saug-, Schluck-, Kau- und Sprachproblemen.
Durch die Stimulation bestimmter Bereiche im Gesicht, im Mund und im Mundinnenraum, dem orofazialen Komplex, werden die sensomotorischen Bewegungsabläufe der mimischen sowie der Zungen-, Kau- und Schluckmuskulatur verbessert und die Atmung positiv beeinflusst.
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Manuelle Therapie
Die manuelle Therapie ist eine Technik zur Behandlung von reversiblen (auflösbaren) Funktionsstörungen am Haltungs- und Bewegungsapparat. Der Physiotherapeut bewegt die Gelenke behutsam in ihrer eingeschränkten Funktionsrichtung. Durch langsames Auseinanderziehen (Traktion) und Bewegen der Gelenkpartner wird das Gelenkspiel wiederhergestellt und eine bestehende Bewegungsbehinderung gelöst.
Mit der manuellen Therapie steht dem Physiotherapeuten eine effektive und meist schmerzfreie Behandlungstechnik zur Verfügung, Funktionsstörungen aller Gelenke zu beeinflussen.
Auffinden und Behandeln von Dysfunktionen (Schmerz, Hypo- oder Hypermobilität und Weichteilaffektionen) am Bewegungsapparat mit dem Ziel des Erhalts oder der Wiederherstellung
Dieses Behandlungskonzept findet seinen Einsatz bei Kindern mit gestörtem Körperschema.
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Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation
Die Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation (PNF) nach Kabat zählt ebenfalls zu den neurophysiologischen Behandlungstechniken. Die Methode führt über die funktionelle Einheit von Nerv und Muskel zur Provokation von Bewegung. Es wird nicht ein einzelner Muskel, sondern eine Muskelkette beansprucht.
Der Therapeut arbeitet mit genau definierten, dreidimensionalen Bewegungsmustern und bestimmten Techniken, z. B. Stretching (Vordehnen der beanspruchten Muskulatur). Mattentraining und Gangschule sind weitere Bestandteile des PNF.
Mit dieser Bewegungstechnik werden Patienten mit orthopädischen und traumatologischen Schäden sowie Erkrankungen des Zentralnervensystems behandelt.
Die Methode führt zur Bahnung von Bewegungen über die funktionelle Einheit von Nerv und Muskel. Die Bahnung lässt sich stimulieren durch exterozeptive Reize (über Haut, Auge, Gehör):
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Taktile Stimulation über manuellen Kontakt auf der Haut mit Hilfe des Lumbrikalgriffes (Beugung der Fingergrundgelenke und Streckung der Fingermittel- und - endgelenke
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Verbale Stimulation über das Präparationskommando (ausführlich beschreibende Anleitung) und das Aktionskommando (kurze und prägnante Anleitung).
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Visuelle Stimulation über Blickkontakt zur Therapeutin und zur übenden Körperregion
Ziele
Koordinierung physiologischer Bewegungsabläufe, Abbau pathologischer Bewegungsmuster, des Muskeltonus, Muskelkräftigung, Muskeldehnung.
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Atemtherapie
Die Atemtherapie wird für Kinder und Jugendliche vor allem bei kindlichem Asthma eingesetzt. Die Schulung der Atemtechnik, um Ein- und Ausatmung zu verbessern, steht im Vordergrund. An speziellen Techniken kommen Lippenbremse (dosierte Ausatmung gegen den Widerstand der Lippen), die Atmung erleichternde Stellungen, wie Kutschersitz, "Hängebauchschwein", Drainagelagerungen, Dehnlagerungen, passive Techniken, heiße Rolle, Eisabreibungen usw. zur Anwendung.
Ziel dabei ist, eine optimale Atemtechnik mit idealer Belüftung der Lunge zu erreichen. Die Beweglichkeit des Brustkorbes und der gesamten Wirbelsäule soll erhalten werden, um sekundär entstehenden Deformitäten des Brustkorbes (Fass-Thorax) vorzubeugen.
Wichtig ist die Anleitung zur regelmäßigen Eigenkontrolle der Lungenfunktion mittels Peak flow. Diese Kontrolle muß dreimal täglich in Kombination mit der Inhalation erfolgen. In der Asthmagruppe erlernen die Patienten wichtige Atemtechniken miteinander und lernen die Kontrolle kennen. Mit Spaß an den Atemübungen, an der Bewegung soll den Kindern vermittelt werden, dass Asthma kein Grund für eine Außenseiterrolle ist.
Besonders wichtig ist die Atemtherapie bei Mukoviszidose.
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Cyriax
Die Methode nach CYRIAX gehört zu den Manualtherapien und dient vor allem der funktionellen Weichteildiagnostik und -behandlung. Sie gliedert sich in Befunderhebung und Therapie. Die Methode teilt die Störung des Bewegungsapparates in sogenannte Strukturschäden ein. Die Befunderhebung lokalisiert die Schädigungen an den Strukturen des Bewegungsapparates. Anschließend erfolgt die lokalisationsbezogene Therapie, d.h. im Gebiet der Schädigung (Kausaltherapie).
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Krankengymnastik im Schlingentisch
Der Schlingentisch ist eine Gerätekonstruktion, in der ein Patient die Schwerelosigkeit am ganzen Körper oder an einzelnen Körperteilen erfahren kann. Dazu werden einzelne Körperteile mit Hilfe von speziellen Seilzügen und Schlingen aufgehängt.
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Lymphdrainagen
Durch schonende und manuelle Gewebsverformungen überwiegend an der Körperoberfläche wird der Abtransport von Gewebeflüssigkeit gefördert. Die Griffe orientieren sich entlang dem Verlauf von Lymphgefäßen in Abflussrichtung. In bestimmter Abfolge werden einzelne Körperregionen behandelt: Zuerst Regionen, die den Lymphgefäßmündungen am rechten und linken Venenwinkel nahe liegen, danach entferntere. Die leichte Drucksteigerung im Gewebe begünstigt die Aufnahme von Gewebsflüssigkeit über die Initialgefäße in die Lymphbahnen. Die Dehnung des Gewebes regt die glatte Muskulatur der Lymphgefäße zur Kontraktion an. Die Lymphdrainage wird an autorisierten Lehrinstituten (mindestens 180 Unterrichtsstunden) erlernt.
Ziele
Verbesserte Lymphtransportkapazität; entstaute Körperregion; Schmerzfreiheit, verbesserte Eigenmotorik der glatten Muskulatur der Lymphgefäße; Neubildung von Lymphgefäßen an Unterbrechungsstellen und Vagotonisierung.